Warum muss renoviert werden? Ein Einblick
Der Organist steuert sein Instrument vom Spieltisch aus. In Walldorf befindet er sich im Unterbau der Orgel. Unsere Steinmeyer-Orgel hat drei Manuale, von denen der Organist verschiedene Teilwerke ansteuern kann: Rückpositiv, Hauptwerk und Brustwerk. Mit den Füßen spielt er die Tasten des Pedals.
Sogenannte Spielhilfen erleichtern dem Musiker das Spiel. Im Orgelbau der Nachkriegszeit waren Spielhilfen wie freie Kombinationen und Zungenabsteller voll im Trend. Heute sind solche Spielhilfen technisch überholt und werden deshalb im Zuge der Renovierung gegen die Neuentwicklungen ausgetauscht.
Der Satz „Der Organist zieht alle Register“ wird Ihnen geläufig sein. Hier werden die Register aber nicht gezogen, sondern mithilfe dieser Registerwippen ein- und ausgeschaltet. Teilweise sind diese wegen unzureichender Fixierung auf der Rückseite schief. Die Wippen werden durch völlig neue ersetzt. Über den Wippen befinden sich zwei kleine Plastikzüge, welche die Registrierung der freien Kombinationen steuert. Zurzeit können nur zwei Registrierungen „visuell“ gespeichert werden. Die neue Setzeranlage, welche eingebaut wird, kann sich solche Registrierungen tausendfach merken und greift dann auch direkt auf die Registerwippen zu. Das erleichtert das Registrieren und damit das Orgelspiel enorm.
Mit diesen Knöpfen unterhalb des ersten Manuals steuert der Organist die voreingestellten Registrierungen der freien Kombinationen.
Hier hat sich ein Schreibfehler eingeschlichen! Dieser Knopf stellt übrigens alle Register ab.
Viele Tastenbeläge sind abgenutzt und werden, je nach Grad des Verschleißes, abgeschliffen oder ersetzt. Vor allem die Obertasten des Pedals sind teilweise um mehrere Millimeter Holz ärmer. Der Filz unter den Pedaltasten ist völlig heruntergespielt und trägt zu keinem präzisen Spielgefühl bei. Die Winkel der Pedaltraktur sind zum Teil aus Kunststoff, welcher ein eher experimenteller Baustoff im Orgelbau ist, und haben keine gute Führung.
Mit dem rechten Fußtritt steuert der Organist die Jalousien des Brustwerkes (drittes Manual). Hier ist der Belag abgerissen. Der linke Fußtritt ist der Crescendotritt: gibt der Organist „Gas“, schalten sich immer mehr Register zu. Dieser wird durch eine Crescendowalze ersetzt, mit dieser lässt sich diese Funktion besser bedienen. Darüber befindet sich die Traktur (Mechanik). Die dünnen Holzleisten werden Abstrakten genannt und leiten den Anschlag der Taste über Winkel und Wellen zu den Ventilen unter den Orgelpfeifen.
Das ist der alte elektrische Koppelapparat. Koppeln erlauben dem Organisten, die Teilwerke (z.B. Brustwerk und Hauptwerk) miteinander zu verbinden und von einem Manual aus anzusteuern. Dieser Apparat ist in die Jahre gekommen, eine Justierung ist aufgrund des schlechten Zustandes nicht mehr möglich. Das zeigt sich bei manchen Koppeln derart, dass Töne hängenbleiben oder ungewollte Koppelungen entstehen.
Das hier ist die Kombinationsanlage. Durch einen Knopfdruck am Spieltisch kann der Organist die voreingestellten Registrierungen abrufen. Diese Anlage lässt bis jetzt nur zwei Voreinstellungen zu und ist dank der Computertechnik seit mehreren Jahrzehnten überholt. Sie wird einer Setzeranlage mit vielen tausend Speichermöglichkeiten weichen. Der Name kommt durch das „Setzen“ der Registrierungen seitens des Organisten. Koppelanlage und Setzer sind dann im neuen BUS-System zusammengefasst, dass auch frei einstellbare Koppeln und sonstige Spielereien zulässt.
Elektrische Verkabelungen in der Orgel sind teilweise direkt auf das Holz geschraubt. Das bringt ein hohes Sicherheitsrisiko mit sich. Alle Verkabelungen werden durch solche ersetzt, die den Sicherheitsbestimmungen unserer Zeit entsprechen.
Das ist der kleinere Balg (C-Seite) des Pedals. Das Leder wird mit der Zeit porös und kann, wie hier geschehen, einreißen. Somit kommt es zu einem Verlust von Spielwind, welcher sich im Klang bemerkbar machen kann.
Der alte Motor hat seinen Dienst bald hinter sich. Er wird durch einen geräuschärmeren und leistungsfähigeren ersetzt, da die Orgel ein instabiles Windsystem hat und nach der Restaurierung vier neue Register mit Wind zu versorgen hat.
Schmutz und Staub in der Orgel machen eine Ausreinigung unabdingbar. Grund für die doch erheblichen Verschmutzung ist, neben den Kirchenrenovierungen und Instandhaltungsmaßnahmen der letzten Jahre, die Lage der Stadtkirche im viel befahrenen Stadtkern Walldorfs – und nicht zuletzt die Tatsache, dass hier vor 20 Jahren die letzte Reinigung stattfand. Besonders den kleinen Pfeifen macht das in Sachen Klang und Stimmung Probleme. Statt Orgeltönen klingen hier bald einige Staubsaugergeräusche.
Das Rückpositiv, welches sich im Rücken des Spielers befindet, wird vom ersten Manual angesteuert. Die Disposition (Registerzusammenstellung) dieses Werkes wird, wie auch bei den vorausgegangenen Umbaumaßnahmen, nicht verändert werden. Es findet lediglich eine ausgleichende Nachintonation statt. Hier findet sich übrigens auch die kleinste Pfeife der Orgel: das g3 der Blockflöte 1′. Zum Vergleich: ein kleiner Finger.
Das sind die Ventile des Rückpositivs. Für jeden Ton ist ein Ventil vorhanden, welches sich beim Drücken einer Taste öffnet und den Spielwind in die Pfeife strömen lässt.
Auf dem Windladenspund hat sich Windruß gesammelt. Der Motor saugt Luft aus dem Kirchenraum an, welche mit winzigen Kerzenruß-Partikeln verschmutzt ist. Dieser legt sich dann in vielen Bereichen der Orgel ab. Auch deshalb ist eine Ausreinigung unvermeidbar.
Deformierter Schallbecher der Trompete 8′ im Hauptwerk. Solche Beschädigungen werden von den Orgelbauern gerichtet. Zudem werden alle Zungenregister mit neuen Zungenblättern ausgestattet.
Hier vorne, zwischen Prospekt und Hauptwerk-Windlade kommen die neuen Pfeifen der Offenflöte 8′ zum Stehen. Sie erweitern das Hauptwerk um eine bis dahin fehlende Flötenstimme. Die Windlade des Hauptwerks wird um ca. 30 cm angehoben, um mehr Platz für den Schwellkasten zu schaffen.
Sogenannte Stahllitzen (rechts unten im Bild) stellen die mechanische Verbindung zwischen den Tasten und den Ventilen des Hauptwerkes und des Rückpositives dar. Das Spielgefühl ist durch dieses Material und durch die Abnutzung sehr „schwammig“ und unpräzise. Brustwerk und Pedal werden über die im Orgelbau üblichen Holzabstrakten angesteuert. Solche werden dann auch anstelle der Stahllitzen eingebaut werden. Im oberen Teil des Bildes sieht man das Wellenbrett des Hauptwerkes, welches die Bewegungen in die nötige Richtung umlenkt (z.B. vertikale in horizontale).
Das Brustwerk wird vom dritten Manual aus angespielt. Mit den Jalousien, die über einen Fußtritt bedient werden können, kann die wahrnehmbare Lautstärke dieses Teilwerkes im Raum verändert werden. Man nennt das „schwellen“, daher auch der alternative Name „Schwellwerk“.
In diesem Teilwerk wurde seit der Erbauung am meisten verändert. Auch jetzt finden Veränderungen statt, denn es werden vier neue Register – Traversflöte 8′, Viola 8′, Schwebung 8′ und Fugara 4′ – eingebaut. Die Rückwand des Brustwerkes wird erweitert, sodass die neuen Register ausreichend Platz haben. Zur besseren Erreichbarkeit werden die Zungenregister nach hinten gestellt, denn diese müssen regelmäßig von den Organisten gestimmt werden. Zur Zeit sind die Zungenregister nur durch das Klettern auf den Spielschrank und das Öffnen der Schwelltüren erreichbar. Das Clairon 4′ (ganz links im Bild), welches 1998 eingebaut wurde und für dieses Werk zu laut und unpassend ist, wird zu einer Trompete 8′ umgearbeitet. Das Mixturenregister Zimbel IV 2/3′ weicht der Fugara 4′. Die restlichen neuen Register kommen auf zusätzliche Windladen.
Im Pedalwerk finden sich die längsten
Pfeifen der Orgel. Die größte (C des Prinzipalbass 16′) ist mit über 5 Metern Länge wahrlich kein Zwerg. Durch ihr Eigengewicht hat sich die Geometrie der Pfeife so verändert, dass sie nicht mehr ihren vollen Klang entfalten kann.