Ökumene_charta

logo_oekumWALLDORFER CHARTA OECUMENICA

Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit unter den Kirchen Walldorfs

 


 

Einleitung

 

Mit dieser ökumenischen Erklärung unserer beiden Gemeinden nehmen wir ezug auf die „Charta Oecumenica“, die am 22. April 2001 von der „Konferenz Europäischer Kirchen“ und vom „Rat der Europäischen Bischofskonferenzen“ in Straßburg unterzeichnet worden ist. Diese „Charta Oecumenica“ wurde als Basistext allen Kirchen von Europa zur Umsetzung in ihrem jeweiligen Kontext empfohlen.
Auf dem Ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003 haben alle 16 Mitgliedskirchen der „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland“ (ACK) diese Charta unterzeichnet. Hierin verpflichten sich diese Mitgliedskirchen zur ökumenischen Gemeinschaft in einem partnerschaftlichen Miteinander.
Deshalb wurde am 27.05.2004 zwischen der evangelischen Landeskirche in Baden und der Erzdiözese Freiburg eine „Rahmenvereinbarung für ökumenische Partnerschaften“ abgeschlossen.
Ein wesentlicher Schritt zur Verwirklichung dieser ökumenischen Selbstverpflichtung ist die konkrete Umsetzung in den Gemeinden vor Ort. Da wir die Ökumene, die zwischen unseren Gemeinden gewachsen ist, erhalten und weiterentwickeln wollen, haben wir das Anliegen der „Charta Oecumenica“ aufgenommen und auf die Situation unserer Gemeinden abgestimmt. Die Leitlinien dieser „Charta Oecumenica“ dienten als Grundlage für unsere „Walldorfer Charta Oecumenica“.
Die folgenden Leitlinien für eine wachsende Zusammenarbeit zwischen unseren Gemeinden wurden vom Ökumene-Ausschuss erarbeitet und von beiden Leitungsgremien beraten. In einer gemeinsamen Sitzung des evangelischen Kirchengemeinderats und des katholischen Pfarrgemeinderats am 10.03.2005 wurde diese ökumenische Standortbestimmung und Selbstverpflichtung beschlossen und in einem ökumenischen Gottesdienst am 03.07.2005 feierlich unterzeichnet.

 


 

Präambel


In Dankbarkeit können wir auf einen 20jährigen ökumenischen Weg zurückschauen. Eine vielfältige ökumenische Zusammenarbeit hat sich entwickelt und bewährt. In Treue zu dem Gebet Christi,
„Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast,“ (Johannes 17, 21),
dürfen wir auf dem Weg der Ökumene nicht selbstgenügsam stehen bleiben. Mit dieser ökumenischen Verpflichtung wollen wir nicht nur unsere Zusammenarbeit fördern, sondern auch jeglichen Tendenzen eines Antiökumenismus entgegenwirken.
Die wichtigste Aufgabe der Kirchen ist es, gemeinsam das Evangelium durch Wort und Tat für das Heil aller Menschen zu verkündigen. Angesichts vielfältiger Orientierungslosigkeit, der Entfremdung von christlichen Werten, aber auch mannig-faltiger Suche nach Sinn können wir nur gemeinsam glaub-würdig unseren Glauben bezeugen. Ebenso wichtig ist es, dass wir gemeinsam das Evangelium in die gesellschaftliche Öffentlichkeit hinein vermitteln und durch sozialen Einsatz und in politischer Verantwortung auch gemeinsam zur Geltung bringen.

 


 

1. Gemeinsam zur Einheit im Glauben berufen

„Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus.“ (Gal. 3,26)

Wir streben an,
• als Tauf- und Firmpaten ChristInnen beider Konfessionen zuzulassen, die gefirmt bzw. konfirmiert sind.

Wir verpflichten uns,
• die ökumenische Trauung konfessionsverbindender Ehepartner den Ehepaaren/Brautpaaren anzuraten und gemeinsam vorzunehmen.

 

2. Gemeinsam das Evangelium verkündigen

„Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ (Joh. 13,35)

Wir streben an,
• Gottesdienste in ‚eucharistischer Gastfreundschaft‘ zu feiern,
• besonderer kirchlicher oder zeitgeschichtlicher Ereignisse mit einem ökumenischen Gottesdienst zu gedenken.

Wir verpflichten uns,
• die Osternacht mit Agapefeier gemeinsam zu feiern,
• den Pfingstmontag als Fest der Einheit der Christen gemeinsam zu feiern,
• den 1. Advent mit Eröffnung der Adveniat- und Brot für die Welt-Aktion gemeinsam zu feiern,
• ökumenische Gottesdienste, von Fall zu Fall auch außerhalb der Kirchen, zu feiern.

 

3. Aufeinander zugehen und voneinander lernen

„Darum nehmt einander an,wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“ (Röm. 15,7)

Wir verpflichten uns,
• Formen von ökumenischem Religionsunterricht aktiv zu unterstützen,
• die Zusammenarbeit von parallelen kirchlichen Gruppen zu fördern (z.B.Jugend,
Chöre, …),
• gemeinsame Aktivitäten (z.B. (Kinder-)Bibelwochen, ökum. Gesprächskreise, ökum. Gemeindefahrten) nach Bedarf und Möglichkeit zu fördern.

 

4. Gemeinsam handeln

„Seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens:
EIN Leib und EIN Geist, wie ihr auch berufen seid zu EINER Hoffnung eurer Berufung.“
(Eph. 4,3-4)

Wir verpflichten uns,
• den „Ökumene-Ausschuss“ als gemeinsames verantwortliches Arbeitsgremium für die Walldorfer Ökumene anzuerkennen und zu fördern,
• im öffentlichen Handeln – wo beide Gemeinden betroffen sind – stets eine gemeinsame Position zu suchen,
• wichtige Informationen aus dem kirchlichen Leben auszutauschen.

 

5. Miteinander beten

„Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist.“ (Eph. 6,18)

Wir verpflichten uns,
• den ökumenischen „Weltgebetstag der Frauen“ jährlich gemeinsam zu feiern,
• weitere Formen des gemeinsamen Betens und Feierns zu suchen und zu fördern (z.B. Wochengebet, Friedensdekade, ökum. Abendgebet mit Gesängen aus Taizé).

 

6. Dialoge fortsetzen

„Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben.“
(Röm. 1,16)

Wir verpflichten uns,
• jährlich mindestens eine gemeinsame Sitzung des Kirchengemeinderates und des Pfarrgemeinderates durchzuführen,
• unter den hauptamtlichen MitarbeiterInnen regelmäßig ökumenische Dienstgespräche durchzuführen.

 

7. In der Einen Welt leben

„Selig sind, die da hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.“ (Mt 5, 6)

Wir verpflichten uns,
• konkrete Projekte der Entwicklungshilfe tatkräftig zu unterstützen,
• den ökumenischen Eine Welt-Laden „Schatztruhe“ zu unterstützen und ins Gemeindeleben zu integrieren.

 

8. Versöhnung stiften

„Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.“ (2. Kor. 5,19)

Wir verpflichten uns,
• in Situationen von Kriegsgefahr oder Gewalt gemeinsam die Stimme des Friedens zu erheben,
• auftretenden Formen von Fremdenfeindlichkeit und Neonazismus aktiv entgegenzutreten,
• uns darum zu bemühen, konfessionelle Vorurteile weiterhin abzubauen.

 

9. Die Schöpfung bewahren

„Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“ (Gen. / 1. Mose 2,15)

Wir verpflichten uns,
• in der Verwaltung und bei Veranstaltungen möglichst auf umweltfreundliche Materialien und geringen Papierverbrauch zu achten,
• in kirchlichen Gebäuden energiesparend zu wirtschaften,
• den Leitgedanken von „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ in der Gemeindearbeit zu thematisieren.

 

10. Gemeinschaft mit dem Judentum vertiefen

„Du sollst wissen, dass nicht du die Wurzel trägst, sondern die Wurzel trägt dich.“ (Röm. 11,18)

Wir verpflichten uns,
• allen Formen von Antisemitismus entschieden entgegenzutreten,
• Gelegenheiten, sich mit Glauben und Geschichte des Judentums konkret auseinanderzusetzen, zu suchen und zu unterstützen (z.B. Vorträge, Gemeindefahrt, jüdischer Friedhof).

 

11. Beziehungen zum Islam als abrahamitischer Religion pflegen

„Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten, und du sollst ihn lieben wie dich selbst.“ (Lev. / 3. Mose 19,34)

Wir streben an,
• persönliche Kontakte zu Leitung oder Mitgliedern der Walldorfer islamischen Gemeinden zu suchen,
• Möglichkeiten zu interreligiösen Feiern oder Gottesdiensten wohlwollend zu prüfen und ggf. durchzuführen (z.B. Schulgottesdienste),
• Gelegenheiten, sich mit Glauben und Praxis des Islam konkret auseinanderzusetzen, zu suchen und zu unterstützen (z.B. Vorträge, Schule, Moscheeführungen).

 

12. Begegnungen mit anderen Religionen und Weltanschauungen

„Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden?“ (Mt. 5, 47)

Wir streben an,
• Vorschläge zu konkreten Begegnungen mit anderen Religionen und Weltanschauungen wohlwollend zu prüfen und ggf. zu unterstützen,
• Informationen über entsprechende Veranstaltungen unserer Kirchen weiterzugeben.

 


 

Abschluss

 

Mit dieser Vereinbarung geben wir dem zwischen uns gewachsenen Miteinander einen verbindlichen Rahmen und verpflichten uns, dieses Miteinander auch weiterhin zu fördern und zu entwickeln. So versuchen wir unserer Gemeinschaft in Zeugnis und Dienst gerecht zu werden zur Ehre Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

„Der Gott der Hoffnung erfülle uns mit aller Freude und mit allem Frieden im Glauben.“ (Röm. 15,13)

 

Walldorf, den 3. Juli 2005

 

Für die katholische Pfarrgemeinde:
Hannelore Blattmann, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates
Pfarrer Dieter Nesselhauf

Für die evangelische Kirchengemeinde:
Rainer Dörlich, Vorsitzender des Kirchengemeinderates
Pfarrer Thomas Löffler
Pfarrer Bernd Höppner

 

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