Vorerst noch keine Gottesdienste in der Evang. Stadtkirche

Die Landesregierung erlaubt ab 4. Mai „unter den Maßgaben des Infektionsschutzes“ wieder Gottesdienste und Gebetsveranstaltungen. Wir sind dankbar, dass trotz weiter anhaltender Pandemie die Entscheidungsfreiheit über die Formen der Religionsausübung an die Religionsgemeinschaften zurückgegeben wird. Grundlage dafür sind die jeweiligen Schutzkonzepte, zu denen sich die Religionsgemeinschaften gegenüber der Politik verpflichtet haben. Das Konzept der Evang. Landeskirche in Baden sieht u.a. folgende Bedingungen vor:

  • Erstellung eines Infektionsschutzkonzeptes durch die jeweilige Kirchengemeinde.
  • 2m Abstand zwischen Gottesdienstbesuchern aus unterschiedlichen Haushalten.
  • Einhaltung durch Anmeldung, Platzmarkierungen, Einlasskontrollen sicherstellen
  • Desinfektionsmittel sind bereitzustellen, Mund- und Nasenschutz wird empfohlen.
  • Kein Gemeindegesang oder Wechselgebet. Vaterunser darf leise mitgebetet werden.

Aufgrund der föderalen Strukturen der ev. Kirche, liegt die Entscheidung über die konkrete Realisierung der Gottesdienste beim jeweiligen Kirchengemeinderat. Darum zu aller erst: Unsere Gottesdienste in der Stadtkirche fehlen uns sehr! Dennoch haben wir uns im Kirchengemeinderat dazu entschlossen, unsere wiedergewonnene Freiheit zunächst dazu zu nutzen, unsere Mitverantwortung für die erfolgreiche Eindämmung von COVID-19 wahrzunehmen: Deshalb wird es vorerst noch keine Gottesdienste in der Stadtkirche geben.

Folgende Gründe haben uns zu dieser Entscheidung veranlasst:

1. Der Verzicht auf Gottesdienste im Kirchengebäude schränkt die Religionsausübung fraglos ein. Aber angesichts einer Pandemie, die viele Menschen an Gesundheit und Leben gefährdet, geschieht dies u.E. nicht wie mancherorts postuliert „in schwerwiegender Weise“. Unsere Stadtkirche ist täglich offen zum individuellen Gebet. Unsere jederzeit abrufbaren Videogrüße und -gottesdienste helfen in dieser schwierigen Zeit „gemeinsam“ zu singen, zu beten und über das Evangelium Jesu von der Liebe Gottes nachzudenken. Zudem stehen Wibke Klomp, Florian Volke und Oliver Tuscher jederzeit für persönliche Gespräche zu Verfügung. Predigten und Gebete liegen in Papierform zum Mitnehmen in der Kirche aus und die Glocken beider Kirchen am Ort laden zu Gesang und Gebet ein.

2. Der Verweis auf Öffnungen im Einzelhandel in Verbindung mit der Frage nach dem Feiern von Gottesdiensten in Kirchen verbietet sich. Einerseits, weil wir die Form wie wir Gottes Wort verkünden, nicht davon abhängig machen wie Gewerbe oder Staat ihren jeweiligen Aufgaben nachkommen. Andererseits, geht es bei vielen, auch Walldorfer Gewerbetreibenden um die Existenz. Die Existenz der Kirche dagegen hängt allein davon ab, dass wir die Liebe Gottes in Wort und Tat verkünden und dass sich die Menschen durch ihre Kirchenmitgliedschaft weiter zu dieser Kirche bekennen. Es gilt also mehr denn je: „Kirche“ ist auch, aber nicht allein der (Sonntags-) Gottesdienst, sondern jede Form der Verkündigung, diakonischen Unterstützung und Begleitung, der Seelsorge und Gemeinschaft und die Übernahme von Liebe und Verantwortung für Andere!

3. Viele Menschen müssen derzeit durch COVID-19 schwere persönliche und oder wirtschaftliche Belastungen hinnehmen bzw. nehmen durch ihre Arbeit in Gesundheit, Pflege, Bildung, Einzelhandel u.v.a.m. persönliche Risiken auf sich, um für ihre Mitmenschen da zu sein. Gleichzeitig hat sich trotz der aktuellen Lockerungen an den Rahmenbedingungen der Pandemie kaum etwas verändert. Wir sehen die Kirche daher in der Pflicht, die in der Gesellschaft bestehende Bereitschaft all die immensen Anstrengungen gegen die Virusausbreitung zu schultern, eindeutig zu unterstützen. Eine Rückkehr zu regelmäßigen Gottesdiensten in unserer Kirche bereits Anfang Mai, würde dieser Verpflichtung widersprechen, den zunehmend verbreiteten Eindruck verstärken, die Pandemie sei bereits besiegt und ältere Gemeindeglieder einem erhöhten Infektionsrisiko aussetzen.

4. Unsere Gottesdienste in der Stadtkirche fehlen uns! Begegnung, Gemeinschaft, Nähe, Freiheit, Singen, Beteiligung und – auch körperliche – Zuwendung beschreiben nur unzulänglich, was diese Gottesdienste zu schenken vermögen. Unter den berechtigten Vorgaben des Infektionsschutzes lassen sich viele dieser Erwartungen aber nur schwer erfüllen. Mehr noch, ein Gottesdienst mit Einlasskontrolle, mit der Abweisung von Glaubenden an der Tür, weil die maximal zulässige Teilnehmerzahl erreicht ist [in Walldorf besuchen durchschnittlich über 150 Menschen einen Gottesdienst] sowie die Kontrolle und Sanktion von Abstands-/ Hygienebestimmungen während des Gottesdienstverlaufs, all das lässt sich nur schwer unserem Verständnis von Gottesdienst vereinbaren. Hinzu kommt: während in Online-Gottesdiensten jede/r laut Mitsingen und -beten kann, ist dies in den Gottesdiensten in den Kirchengebäuden verboten.

Der Kirchengemeinderat wird in den kommenden Wochen die Entwicklungen weiter beobachten und seine jetzige Entscheidung immer wieder kritisch hinterfragen. Außerdem prüfen natürlich auch unserer Pfarrer*innen regelmäßig Möglichkeiten von Andachten o.ä. in der Kirche oder an anderen Orten. So gibt es z.B. bereits Angebote für private Haustaufen. Der Kirchengemeinderat und die Dienstgruppe sind hierzu in engem, vertrauensvollem Austausch.

Darüber hinaus versuchen Haupt- und Ehrenamt in der Kirchengemeinde, durch persönliche Kontaktaufnahmen und -angebote für die Menschen in Walldorf da zu sein.

Unsere digitalen Angebote hier auf unserer Homepage, unserem YouTube-Kanal sowie Facebook und Instagram können und wollen die persönliche Begegnung nicht ersetzen. Aber sie sind von hoher Intensität und Qualität und lassen uns nicht zuletzt verbunden bleiben, auch während Kontaktsperren und Versammlungsbeschränkungen.

Wir haben in den vergangenen Wochen nicht nur Verzicht erlebt, sondern auch viel Solidarität, Kreativität und – trotz Abstand – Gemeinschaft. Dafür sind wir sehr dankbar und es macht uns zuversichtlich, dass wir gemeinsam die vor uns liegenden Herausforderungen meistern!

Bleiben Sie gesund und lassen Sie uns weiter aufeinander Acht geben!

Rainer Dörlich, Vorsitzender
Wibke Klomp, Pfarrerin

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