Gemeindediakonenstelle bis 2026 gesichert
Die Stelle des Gemeindediakons der Evangelischen Kirchengemeinde Walldorf ist für die nächsten Jahre gesichert. Bis einschließlich 2026 konnte die Kirchengemeinde den eigenfinanzierten Anteil der Stelle nun fest zusagen.
Möglich wurde die Zusage durch die gemeindeeigene „Stiftung der Evangelischen Kirchengemeinde Walldorf“, für die damit die aktive Phase ihrer Stiftungstätigkeit beginnt: Wurden nach der Gründung im Herbst 2016 zunächst Mittel für den Grundstock der Stiftung gesammelt, also das Stiftungsvermögen aufgebaut und gemehrt, geht die Stiftung mit diesem Jahr auch dazu über, die mit dem Stiftungsvermögen erwirtschafteten Erträge auszuschütten und damit ihre eigentliche Arbeit aufzunehmen: die Förderung der Gemeindearbeit. Mit den ihr derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln aus Erträgen und Spenden kann die Stiftung die Hälfte der Kosten für die von Oliver Tuscher ausgeübte Gemeindediakonenstelle – und damit den kompletten Walldorfer Eigenanteil – gesichert bis 2026 übernehmen.
Dass unsere Kirchengemeinde diese halbe Stelle selbst bezahlt, ist eine Walldorfer Besonderheit: Grundsätzlich finanziert die Landeskirche aus Kirchensteuermitteln die Pfarrerinnen und Pfarrer sowie die Gemeindediakone und -diakoninnen – knapp die Hälfte der landeskirchlichen Kirchensteuereinnahmen ist dafür nötig. Jeder Kirchengemeinde wird dabei entsprechend ihrer Gemeindegliederzahl eine Stellenzahl zugeteilt; für Walldorf ist das seit Jahrzehnten die Zahl 2,5 – zwei Pfarr- und eine halbe Gemeindediakonenstelle. Allerdings hatte sich Walldorf bereits vor über zehn Jahren entschieden, die halbe Gemeindediakonenstelle auf eine ganze Stelle aufzustocken – und die Aufstockung aus Eigenmitteln der Kirchengemeinde zu finanzieren. Diese Eigenmittel müssen aber Jahr für Jahr im Haushalt auch zur Verfügung stehen. Die – im Vergleich zu manch anderer Kirchengemeinde – grundsoliden Gemeindefinanzen waren dafür natürlich Voraussetzung. Und dennoch engt eine solche Stellenfinanzierung die finanziellen Gestaltungsspielräume der Kirchengemeinde empfindlich ein, und das umso mehr, je stärker die Gemeinde schrumpft und das Kirchensteueraufkommen zurückgeht.
Gleichwohl war es im Kirchengemeinderat all die Jahre immer Konsens, dass die zweite Hälfte der Gemeindediakonenstelle diesen Aufwand wert ist. Um sich die Bedeutung dieser Personalkosten für die Gemeindearbeit vor Augen zu führen, muss man sich nur vergegenwärtigen, welche Bereiche Gemeindediakon Oliver Tuscher in den letzten Jahren verantwortet hat: Kindergottesdienst und EGJ, von der Geschäftsführung des Kindergartens bis zur Koordinierung der Renovierung des Gemeindehauses, um nur einige zu nennen – und er wirkt immer wieder auch über die Kirchengemeinde hinaus: Das „Familienzentrum“ und der „Arbeitskreis Asyl“ wurden von ihm mitangeschoben. Es liegt auf der Hand, dass viele dieser Aktivitäten mit einem „halben“ Gemeindediakon undenkbar gewesen wären.
Um nun den Schrumpfungsprozessen bei Gemeindegliederzahl und Finanzkraft etwas Wirksames entgegensetzen zu können, wurde die Gemeindestiftung gegründet. Der Kirchengemeinderat betrat damit finanzielles Neuland: Zwar gibt es bereits etliche Kirchengemeinden mit einer eigenen Stiftung – die dort gemachten Erfahrungen sind aber sehr unterschiedlich. Dementsprechend unsicher war die Prognose für die Walldorfer Stiftung. Also haben Gemeindeleitung und der neu berufene Stiftungsrat mit einer breit angelegten Informationskampagne alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Stiftungsidee der Gemeinde bekannt und plausibel zu machen – denn nicht jedem Gemeindeglied war bewusst, dass der Gemeinde „magere“ Jahre bevorstehen, und es jetzt, in den „fetten“ Jahren, gilt, Vorsorge zu treffen.
Das Ergebnis kann sich im Wortsinne sehen lassen – in der Kirche hängt seit letztem Herbst die Stiftertafel mit den Namen der Gründungsstifter; sie vermittelt einen Eindruck davon, wie breit die Resonanz ist, auf die die Stiftungsidee mittlerweile in der Gemeinde trifft – und was den Walldorfern ihre evangelische Kirchengemeinde bedeutet. Bemerkenswert auch, dass sich hier ganz unterschiedliche Milieus angesprochen gefühlt haben: Einheimische und Zugezogene, viele Ältere, aber auch Junge, die „Kerngemeinde“ natürlich – aber eben auch Menschen, die der Kirche eher distanziert gegenüberstehen, der Kirchengemeinde vor Ort aber Bedeutung beimessen.
Mit diesem Impuls geht die Stiftung nun an ihre eigentliche Arbeit – und verschafft der Kirchengemeinde damit zumindest für die nächsten Jahre eine finanzielle Verschnaufpause. Denn es ist ja nicht nur der Rückgang der Haushaltsmittel, der den Kirchenältesten Sorge bereitet. Tatsächlich ist auch die Stellenzahl von 2,5 nicht in Stein gemeißelt – im Gegenteil: Angesichts eines Rückgangs der Gemeindegliederzahl um 15 Prozent in den letzten zehn Jahren ist die Kürzung der Walldorfer Stellenzahl durch die Landeskirche nur noch eine Frage der Zeit.
Damit kommen auf die Kirchengemeinde – will sie die gegenwärtige Vielfalt an Aktivitäten aufrechterhalten – die Kosten für mindestens eine weitere halbe Stelle zu. Und deshalb ist es das erklärte Ziel der Gemeindestiftung, langfristig nicht nur die halbe, sondern eine ganze Stelle finanzieren zu können. Dieses ehrgeizige Ziel ist aber nur dann realistisch, wenn es gelingt, in einer weiteren Mobilisierungswelle das Stiftungsvermögen noch einmal deutlich zu vergrößern. Auch hier ist eine Prognose schwierig; aber der Stiftungsrat will alles daran setzen, dass die Mobilisierung nicht erst gelingt, wenn die Stellenkürzung durch die Landeskirche tatsächlich beschlossen wird. Es kommt jetzt entscheidend darauf an, dass möglichst viele Gemeindeglieder Stifterin oder Stifter werden und so für die Zukunft unserer Kirchengemeinde vorsorgen.