„Hier stehe ich, ich kann nicht anders! Gott helfe mir. Amen.“

Es wird überliefert, dass Martin Luther vor 500 Jahren, im Jahr 1521, diese Worte vor dem Reichstag in Worms gesprochen hat. Wegen seiner Lehren über die Bibel, den Papst und den christlichen Glauben war er ins Visier der mächtigsten Menschen seiner Zeit geraten. Kaiser, Papst und Fürsten forderten ihn unter Androhung schwerster Strafen auf, seine Lehren zurückzunehmen. Er weigerte sich. Luther wollte nie eine neue Kirche gründen, nie „seine“ römische Kirche spalten. Er wollte sie verändern. Weil sie ihm lieb und wichtig war. Und doch war das der Startschuss für die Bewegung, die wir Reformation nennen und aus der heraus die evangelische Kirche entstanden ist.

Ob er den oben genannten Satz wirklich so gesagt hat, ist zweifelhaft. Eines ist sicher: Hier hat ein einzelner Mensch sich getraut, sein Gewissen und die Bibel zum Maßstab seines Handelns zu machen. Und er wusste, dass das sein Tod sein konnte. Ohne es zu wissen, und ohne selbst ein neuzeitlicher Mensch zu sein, gab er damit so etwas wie das Startsignal für eine neue Zeit: Die Zeit des Menschen, der Verantwortung für sein Leben und seine Welt übernimmt. Des Menschen, der die Maßstäbe für das Zusammenleben aus seinem Gewissen gewinnt. Und des Menschen, der (nicht nur) als „Christenmensch“, wie Luther es sagt, in Freiheit seine Welt gestaltet. Unsere Demokratie ist letztlich eines der Ergebnisse dieser Veränderungen.

Es steht uns gut an, diese Freiheit des Menschen immer wieder in Erinnerung zu rufen und zu nutzen. Gerade in einer Zeit, in der Kirche und Gesellschaft gemeinsam vor großen Herausforderungen stehen. Die Konsequenzen etwa von Klimawandel, immer stärkerer Vereinzelung der Menschen und Digitalisierung der Welt sind noch gar nicht absehbar. Es braucht Menschen, Einzelne und Gruppen, die ihre Freiheit nutzen. Die sich hinstellen und die aus christlicher Sicht (evangelisch wie katholisch) entscheidende Botschaft laut aussprechen und sich dafür einsetzen: Dass die Menschenfreundlichkeit Gottes, die Solidarität in der Gesellschaft und die Achtung vor Natur und Umwelt sich in unserer Gesellschaft verbreiten. Dass wir nicht vergessen, dass wir verantwortlich sind für unsere Welt.

Gelingt uns das, dann wirkt die Reformation, die vor 500 Jahren endgültig begann, auch heute noch weiter.

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