Als Kind liebte ich Züge – Gedenken an die Deportation der Juden vor 80 Jahren

 

Als Kind liebte ich Züge, so beginnt Dr. Kurt Maier seinen Text über die Deportation seiner Familie vor 80 Jahren. Dr. Maier lebt heute 90-jährig in Washington und stammt aus dem badischen Kippenheim. Er wurde, wie alle Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland, am 22. Oktober 1940 in das Lager Gurs in Südfrankreich deportiert.

Dr. Kurt Maier hat es sich zu seiner Lebensaufgabe gemacht, über seine Erlebnisse und Erfahrungen zu berichten. In diesem Zusammenhang war Dr. Maier mehrfach auf Einladung der evangelischen Kirchengemeinde in Walldorf zu Gast, zuletzt im Jahr 2015.

Menschen wie Dr. Maier ermutigen uns, an die Deportation, an die Shoah und die daraus resultierende Verantwortung zu erinnern. Und diese Verantwortung ist immer auch tagesaktuell, ist immer mahnend, aber auch eine Ermutigung, um aus der Geschichte zu lernen. Gibt es nicht auch heute Flucht, Völkermord, Vertreibung, Lager? Begegnen uns nicht auch in unserem Land Antisemitismus, Islamophobie, Rassismus, Ausgrenzung und Stigmatisierung?

Gemeinsam haben junge Erwachsene der Evangelischen Gemeinde Jugend (EGJ), der Ministranten und der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) sich am 22. Oktober dieses Jahres diesen Themen und Fragen gestellt. In einer ökumenischen Gedenkstunde in der evangelischen Stadtkirche haben sie die Namen der gegen ihren Willen Deportierten verlesen, wurde Zeitzeugenberichte, wie der von Dr. Maier, eindrucksvoll vorgelesen. Der Gedenkstunde war ein Weg durch Walldorf vorausgegangen, der am jüdischen Friedhof begann. Dort gab Dieter Herrmann einen Einblick in die Geschichte des Friedhofs. An der Albert-Fritz-Straße berichtete Andy Herrmann über den ehemaligen jüdischen Betsaal und über die Synagoge. Elisabeth Krämer erläuterte exemplarisch an drei Stolpersteinen deren Bedeutung und deren Auftrag.

An diesem Abend wurde einmal mehr deutlich, dass Geschichte nicht in Vergessenheit geraten darf und auch die nächste Generation bereit ist, Verantwortung für eine friedliche und gerechte Zukunft zu übernehmen.

 

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