Seit über 60 Jahren ist unsere Kirchengemeinde Trägerin eines Kindergartens bzw. einer Kindertagesstätte, erst in der Schulstraße und seit 2013 in der Neuen Sozialen Mitte. Stand bis in die 70er Jahre auch in den kirchlichen Kindergärten des vorherigen Jahrhunderts vor allem die Betreuung im Mittelpunkt, veränderten zunehmende Individualisierung und Säkularisierung die Arbeits- und Sichtweise in den Kindergärten und KiTas. Da viele, auch evangelische Eltern, ihren Kindern eine möglichst eigenständige Entscheidung zu Religion und Kirche ermöglichen wollen, standen sie allerdings bis in die 2000er Jahre hinein den frühkindlichen Angeboten der Kirche meist reserviert gegenüber. Aber je kirchlich distanzierter der eigene Blick der Eltern, je herausfordernder die Vermittlung christlicher Inhalte und die familieninternen Diskussionen über religiöse Werte, desto attraktiver wurden und sind die offenen Angebote der ev. Kirche von der KiTa, über den Kindergottesdienst, den Religionsunterricht an den Schulen bis hin zum Konfirmandenunterricht. Denn nur‚ wenn die Kinder und Jugendlichen Religion und Kirche richtig kennenlernen, sind sie später auch zu einer eigenen Entscheidung für oder gegen den Glauben in der Lage. Das ist für die Kirchengemeinde auch der Grund, warum wir mit solch hohem zeitlichen, personellen und finanziellen Engagement in der KiTa-Arbeit engagiert sind. Unser Diakon Oliver Tuscher ist als Geschäftsführer des Kindergartens regelmäßig in der Einrichtung präsent, ist Ansprechpartner für Eltern und Erzieherinnen und Partner der Kindergartenleitung. Neben eigenen religionspädagogischen Angeboten sorgt er, gemeinsam mit Pfarrerin Henriette Freidhof und Pfarrer Uwe Boch‚ dafür, dass die Erzieherinnen die erforderlichen Fortbildungen erhalten, damit das evangelische Profil des Kindergartens auch in der täglichen Arbeit sichtbar und für die Kinder erlebbar wird. Im Laufe des Jahres werden kindgerechte Andachten und Gottesdienste gefeiert. Da die KiTa-Arbeit Teil der staatlichen Grundversorgung ist, ist unser Staat verpflichtet, für ausreichend KiTa-Plätze vor Ort zu sorgen und diese auch maßgeblich zu finanzieren. Gerade die Stadt Walldorf lässt sich die gute Versorgung und Qualität der Leistung in den KiTas dankenswerter Weise sehr viel Geld kosten – davon profitiert auch unsere Kirchengemeinde als freier Träger. Und dennoch, auch wenn die Stadt 95 % des Betriebskostendefizits und 90 % der Investitionskosten der kirchlichen Kindergärten in Walldorf finanziert, so fließt jeder 5. Euro an Kirchensteuer, den die Ev. Kirchengemeinde in Walldorf zugewiesen bekommt, in die Kindergartenarbeit. Geld, das ohne kirchliche Trägerschaft von allen Steuerzahler*innen aufzubringen wäre. 20 % unserer Kirchensteuereinnahmen für die Kindergartenarbeit, das ist für die Kirchengemeinde neben dem Betrieb und Erhalt der Stadtkirche die größte Einzelposition im Haushalt der Kirchengemeinde und beweist, wie wichtig uns diese Arbeit ist. Es schmerzt daher um so mehr, wenn Gemeindeglieder berichten, dass ihr Kind keinen Platz in unserer KiTa erhalten hat. Dies ist zum einen der hohen Anerkennung geschuldet, die unser Kindergarten genießt: Seit 2013 verzeichneten wir in jedem Jahr weit mehr Anmeldungen als freie Plätze zur Verfügung stehen. Über die konkrete Zuweisung der Plätze entscheidet dann aber leider nicht der Kindergarten selbst. Hier müssen sich auch die freien Träger an die Vergabekriterien der Stadt Walldorf halten. So sind neben vorrangiger Berücksichtigung von sozialen Gesichtspunkten u. a. Kinder bevorrechtigt, die zuvor in einer Krippe betreut wurden oder im Folgejahr schulpflichtig werden. Zudem sind auch das Alter jedes Kindes sowie bereits in der KiTa betreute Geschwisterkinder bei der Vergabe zu berücksichtigen. Hier müssen sich auch die freien und konfessionellen Träger an die vereinbarten Vergabekriterien halten. Wir sind froh, dass wir für unsere Gemeindeglieder KiTa-Plätze anbieten können und zumeist auch einen Platz bereitstellen können. Aber der Kirchengemeinderat ist genauso dankbar dafür, dass uns so viele Eltern anderer Religionen, Konfessionen oder Weltanschauungen ihre Kinder anvertrauen. Das zeigt, dass wir einerseits klar und deutlich unsere evangelischen Werte zeigen und vermitteln, dies aber auf eine glaubwürdige und offene Art und Weise tun, die auch andere Denk- und Glaubensweisen akzeptiert.
Foto: Ernst-Herbold